Internetrecht Urteile 2015 |
02.07.2015
Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) hat am 1. Juli 2015 zwei Entscheidungen in urheberrechtlichen Verfahren verkündet, in denen die Betreiberin des Videoportals YouTube und auch deren Muttergesellschaft Google wegen des Vorwurfs von Urheberrechtsverletzungen in Anspruch genommen wurden.
Gegenstand der Verfahren sind verschiedene Musiktitel, die durch Nutzer von YouTube im Rahmen von Videoclips hochgeladen und damit öffentlich zugänglich gemacht worden waren, obwohl sie an den Musiktiteln keine Rechte hatten. Daraufhin haben der Rechteinhaber bzw. die Verwertungsgesellschaft GEMA YouTube bzw. Google unter anderem auf Unterlassung in Anspruch genommen.
In dem Verfahren Az.: 5 U 87/12 wollte die GEMA gegenüber YouTube u. a. ein Verbot der öffentlichen Zugänglichmachung in Bezug auf zwölf Musiktitel erreichen, an denen die GEMA die Rechte wahrnimmt. YouTube lehnte eine Unterlassungsverpflichtung ab, da sie für etwaige Urheberrechtsverletzungen nicht hafte. Zum einen stelle sie ihre Videoplattform lediglich den Nutzern zur Verfügung und habe die fraglichen Videos weder selbst erstellt noch hochgeladen.
Zum anderen habe sie alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um Urheberrechtsverletzungen zu begegnen. Das OLG hat das Urteil der Vorinstanz bestätigt, das YouTube zur Unterlassung in Bezug auf sieben der insgesamt zwölf betroffenen Musiktitel verpflichtet hat. Bei diesen sieben Titeln habe die Beklagte gegen die Pflicht verstoßen, die betroffenen Videoclips unverzüglich zu sperren, nachdem sie von der Klägerin über die Urheberrechtsverletzungen informiert worden war. In Bezug auf die übrigen fünf Titel wurde eine Pflichtverletzung auf Seiten von YouTube verneint und die Klage abgewiesen.
Auch in dem Verfahren Az.: 5 U 175/10 geht es u. a. um die Frage, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß der Betreiber einer Videoplattform für Urheberrechtsverletzungen durch Videos haftet, die von Nutzern der Plattform hochgeladen werden. Der Kläger in diesem Verfahren ist als Rechteinhaber in Bezug auf diverse Musikstücke gegen YouTube und Google vorgegangen und hat von beiden u. a. Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung verlangt. In beiden Verfahren hat das OLG in Bezug auf einzelne der jeweils betroffenen Musiktitel eine Haftung von YouTube bzw. Google aus dem Gesichtspunkt der sog. Störerhaftung bejaht.
Danach sind die Betreiber von Internetangeboten wie YouTube im Ausgangspunkt zwar nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten und gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Nutzertätigkeit hindeuten. Wird allerdings ein solcher Dienstanbieter auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt.
Welche Pflichten den Dienstanbieter dabei treffen, insbesondere ob und wieweit er zur Sperrung und dann zur Prüfung und Überwachung der bei ihm hochgeladenen Inhalte verpflichtet ist, bestimmt sich danach, was dem Betreiber nach den Umständen des jeweiligen Falles zuzumuten ist. Eine Verletzung derartiger Pflichten hat das OLG in beiden Verfahren hinsichtlich einzelner Musiktitel bejaht und YouTube bzw. Google insofern zur Unterlassung verpflichtet angesehen.
Die Kläger in beiden Verfahren haben die Inanspruchnahme von YouTube bzw. Google in erster Linie darauf gestützt, dass diese für die geltend gemachten Rechtsverletzungen als Täter einzustehen hätten. Nach Ansicht der Rechteinhaber veröffentliche YouTube nicht lediglich fremde Inhalte, sondern trete als eigenverantwortlich handelnder Anbieter auf, mache sich dabei die fremden Inhalte zu eigen und nehme selbst urheberrechtliche Nutzungshandlungen vor. Auf dieser Grundlage hatte der Kläger in dem Verfahren 5 U 175/10 zusätzlich u. a. die Feststellung verlangt, dass YouTube und Google zu Ausgleichszahlungen verpflichtet seien. Dieser Sichtweise zu einer täterschaftlichen Verantwortung hat sich der Senat in beiden Urteilen nicht angeschlossen und eine Haftung aus diesem Gesichtspunkt verneint.
(Quelle: PM des OLG)