Internetrecht Urteile 2018 |
06.09.2018
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 23. August 2018 die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt, durch die einem Unternehmen, das Eintrittskarten für künstlerische Veranstaltungen (z. B. Konzerte, Theater, Shows, Kleinkunst) vertreibt, auf die Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. die Verwendung zweier Preisklauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) untersagt worden ist (Az.: III ZR 192/17).
Die Beklagte vertreibt teils als Veranstalterin, teils als Vermittlerin und teilweise als Kommissionärin über das Internet Eintrittskarten. Im Zuge des Bestellvorgangs wird für jede Eintrittskarte ein sog. "Normalpreis" angegeben mit dem Hinweis: "Angezeigte Ticketpreise inkl. der gesetzl. MwSt., Vorverkaufsgebühr, Buchungsgebühr von max. ''2,00 zzgl. Service- & Versandkosten". Nachdem der Kunde das Ticket in den virtuellen Warenkorb gelegt hat, werden ihm Auswahlmöglichkeiten zu dessen Versand angeboten.
Für die Versandart "Premiumversand" berechnet die Beklagte zusätzlich zum Ticketpreis 29,90 Euro "inkl. Bearbeitungsgebühr". Wählt der Kunde die Option "ticketdirect - das Ticket zum Selbstausdrucken" (sog. print@home-Option), bei der ihm die Beklagte über einen Link die Eintrittskarte als pdf-Datei zur Verfügung stellt, erhöht sich deren Preis um eine "Servicegebühr" von 2,50 Euro. Die Berechnung dieser Gebühren beruht auf zwei in den AGB der Beklagten enthaltenen Preisklauseln.
Der BGH hat bestätigt, dass es der Beklagten untersagt sei, folgende Preisklauseln zu verwenden:
"Premiumversand 29,90 EUR
inkl. Bearbeitungsgebühr"
und
"ticketdirect - das Ticket
zum Selbst-Ausdrucken Drucken Sie sich ihr ticketdirect einfach und bequem selber aus! 2,50 EUR"
Der BGH hat die von der Beklagten verwendeten beiden Klauseln als Preisnebenabreden bewertet. Damit unterliegen sie im Gegensatz zu Vereinbarungen über den Veranstaltungspreis selbst der Inhaltskontrolle nach dem Recht der AGB.
Die von der Beklagten verwendeten Klauseln weichen, jedenfalls soweit die Beklagte über die Karten als Kommissionärin im eigenen Namen mit den Kunden Kaufverträge schließt, von dem Grundgedanken des Gesetzes ab, wonach der Käufer beim Versendungskauf nur die eigentlichen Versendungskosten (z. :B. Porto, Verpackung und ggf. Versicherung) zu tragen hat, nicht aber den internen Geschäftsaufwand des Verkäufers für die Bereitstellung der Ware zur Versendung.
Die streitigen Klauseln benachteiligen die Käufer durch die Abweichung von der gesetzlichen Bestimmung entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben in unangemessener Weise. Der Verwender von AGB darf für Tätigkeiten, zu denen er gesetzlich oder - wie beim Versendungskauf - nebenvertraglich verpflichtet ist oder die er überwiegend im eigenen Interesse erbringt, grundsätzlich kein gesondertes Entgelt verlangen.
Zwar kann es im Einzelfall zu rechtfertigen sein, den für verschiedene Versandarten unter Umständen sehr unterschiedlich anfallenden Geschäftsaufwand nicht in die allgemeine Preiskalkulation einzubeziehen, sondern in AGB hierfür jeweils verschiedene Versandentgelte vorzusehen. Die Beklagte hat jedoch zum Geschäftsaufwand beim sog. Premiumversand keine Tatsachen vorgetragen, die die Annahme eines besonderen Geschäftsaufwands tragen könnte; sie hat vielmehr den Standpunkt vertreten, ihre Kalkulation nicht offen legen zu müssen.
Ferner war nicht erkennbar, welche konkreten erstattungsfähigen Aufwendungen mit der "Servicegebühr" von 2,50 Euro für die "ticketdirect"-Option geltend gemacht werden. Der Kunde druckt bei dieser Versandart die Eintrittskarte nach ihrer elektronischen Übermittlung selbst aus, so dass weder Porto- noch Verpackungskosten anfallen. Da zudem die Übermittlung des Links auf die als Eintrittskarte ausdruckbare pdf-Datei per Mail an den Kunden in der von der Beklagten zur Umsetzung ihres Geschäftsmodells vorgehaltenen elektronischen Infrastruktur automatisiert erfolgt, bleibt unklar, welcher Geschäftsaufwand hierdurch vergütet werden soll.
Die Klauseln sind auch unwirksam, soweit sie sich auf das Vermittlungs- und Eigenvertriebsgeschäft der Beklagten beziehen, da die Reduktion zu beanstandender Klauseln auf einen noch zulässigen Inhalt ausscheidet, wenn sie nicht sprachlich und inhaltlich teilbar sind.
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 23.08.2018)