Immobilienrecht Urteile 2017 |
09.05.2017
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 9. Mai 2017 entschieden, dass eine vorformulierte Bestimmung über eine bei Gewährung eines Bauspardarlehens vom Verbraucher in der Darlehensphase zu zahlende Kontogebühr unwirksam ist (Az.: XI ZR 308/15).
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, wendet sich mit der Unterlassungsklage gegen eine von der beklagten Bausparkasse in den von ihr abgeschlossenen Bausparverträgen verwendete Klausel sowie eine damit korrespondierende Regelung in den Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) der Beklagten, die jeweils eine vom Bausparer in der Darlehensphase zu zahlende Kontogebühr in aktueller Höhe von 9,48 Euro jährlich vorsehen. Die von der Beklagten vorformulierten Darlehensverträge enthalten u. a. folgende Bestimmung:
"I.1. Bauspardarlehen [...]
b) Kosten des Bauspardarlehens
Über die Zinsen und die Tilgung hinaus fallen bei planmäßigem Verlauf des Bauspardarlehens folgende Kosten an:
Kontogebühr: derzeit je Konto 9,48 Euro jährlich (gemäß ABB) [...]."
§ 17 Abs. 1 der ABB der Beklagten lautet: "Die Bausparer bilden eine Zweckgemeinschaft. Ihre Verträge bilden das Bausparkollektiv. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des kollektiven Bausparens berechnet die Bausparkasse für bauspartechnische Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse eine Kontogebühr. [...] Für ein Konto in der Darlehensphase beträgt die Kontogebühr 9,48 Euro. Die Darlehensphase beginnt mit der ersten (Teil-) Auszahlung des Bauspardarlehens."
Der Kläger ist der Ansicht, die beiden Klauseln über die Kontogebühr in I.1.b) der Darlehensverträge sowie in § 17 Abs. 1 der ABB verstießen gegen AGB-Recht und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen.
Der BGH gab den Verbraucherschützern Recht. Die beiden Klauseln über die Erhebung einer Kontogebühr in der Darlehensphase stellen eine gerichtlicher Kontrolle unterliegende sog. Preisnebenabrede dar. In der Darlehensphase ist mit den Tätigkeiten der "bauspartechnische[n] Verwaltung, Kollektivsteuerung und Führung einer Zuteilungsmasse", für die die Beklagte die Kontogebühr auch in diesem Zeitraum erhebt, weder die Erfüllung einer Hauptleistungspflicht der Beklagten noch eine rechtlich nicht geregelte Sonderleistung verbunden.
Die vorgenannten Tätigkeiten erbringt die Bausparkasse nach Darlehensgewährung nicht im Interesse des Darlehensnehmers. Dass sie nach Eintritt in die Darlehensphase Zahlungen des Kunden ordnungsgemäß verbucht, liegt ebenfalls ausschließlich in ihrem Interesse. Die bloße Verwaltung der Darlehensverträge nach Darlehensausreichung ist keine gesondert vergütungsfähige Leistung gegenüber dem Bausparer, sondern eine rein innerbetriebliche Leistung der Bausparkasse.
Der hiernach eröffneten Inhaltskontrolle halten die beanstandeten Regelungen über die Kontogebühr in der Darlehensphase nicht stand. Sie weichen von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab und benachteiligen die Bausparkunden der Beklagten unangemessen. Die Klauseln sind mit dem auch für Bauspardarlehensverträge geltenden gesetzlichen Leitbild unvereinbar, weil die Berechnung der Kontogebühr in der Darlehensphase der Abgeltung von Aufwand für im Zusammenhang mit Bauspardarlehen stehende Verwaltungstätigkeiten der Beklagten dient und folglich Kosten auf deren Kunden abgewälzt werden, die für Tätigkeiten anfallen, die von der Beklagten überwiegend in eigenem Interesse erbracht werden.
Hinreichende Gründe, die die Klauseln bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung dessen ungeachtet als angemessen erscheinen lassen, liegen nicht vor. Die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild ist insbesondere weder sachlich gerechtfertigt noch wird der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt. Die Kontogebühr in der Darlehensphase wird schließlich auch nicht durch bausparspezifische Individualvorteile der Bausparkunden ausgeglichen.
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 09.05.2017)