Verkehrsrecht Urteile 2012 |
30.04.2012
Bei einer Pauschalreise stellt die Vorverlegung des Rückflugs um mehr als 10 Stunden einen Reisemangel dar, der den Reisenden zur Selbstabhilfe berechtigt. Das geht aus einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) hervor (Urteil vom 17. April 2012; Az.: X ZR 76/11).
Geklagt hatte eine Frau, deren Lebensgefährte für beide eine einwöchige Pauschalreise in die Türkei zum Preis von 369 Euro pro Person gebucht hatte. Der Rückflug sollte am 1. Juni 2009 um 16.40 Uhr stattfinden. In ihren AGB behielt sich der beklagte Veranstalter die kurzfristige Änderung der Flugzeiten und Streckenführung vor, soweit sich dadurch nicht der Gesamtzuschnitt der Reise ändern würde. Ferner wurde eine Abtretung von Ansprüchen gegen die Beklagte wegen Leistungsstörungen ausgeschlossen.
Der Rückflug wurde kurzfristig auf 5.15 Uhr des 1. Juni 2009 vorverlegt, weshalb die Reisenden um 1.25 Uhr am Hotel abgeholt werden sollten. Die Klägerin und ihre Lebensgefährte buchten deshalb einen anderen Flug, der am selben Tag um 14.00 Uhr startete. Für die Kosten kamen sie selbst auf. Der Lebensgefährte trat der Klägerin seine Ansprüche ab. Die verlangte daraufhin von der Beklagten die Rückzahlung des Reisepreises abzüglich der erhaltenen Verpflegung, die Erstattung der Kosten für den Rückflug und eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.
Damit hatte sie vor dem BGH teilweise Erfolg. Die Richter führten zunächst aus, dass das Abtretungsverbot bei einem Reisevertrag wegen unangemessener Benachteiligung der Reisenden unwirksam sei. Denn da es sich nur auf Gewährleistungsansprüche beziehe, seien die Interessen des Veranstalters nur von geringem Gewicht. Der Reisende hätte dagegen oftmals ein Interesse daran, seine Ansprüche an Mitreisende abzutreten, die die Reisekosten mitgetragen hätten.
Weiter stellte das Gericht fest, dass die Vorverlegung des Rückflugs um mehr als 10 Stunden ein Reisemangel sei. Dieser berechtige die Reisenden dann zur Selbstabhilfe und Erstattung der entstandenen Kosten, wenn sie dem Veranstalter zuvor eine Abhilfefrist gesetzt hätten oder eine solche Fristsetzung entbehrlich war, weil der Veranstalter den Mangel bewusst verursacht. Ob eines von beiden hier der Fall war, muss jetzt die Vorinstanz überprüfen, an die der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde. Alle weiteren Ansprüche der Klägerin wies der BGH zurück. Begründung: Die Vorverlegung des Rückflugs stelle keine erhebliche Beeinträchtigung der Reise dar, weil die Reisenden dem Mangel selbst abgeholfen hätten.