Verkehrsrecht Urteile 2014 |
31.07.2014
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in seinem Urteil vom 6. Juni 2014 (Az.:26 U 60/13) die Frage nach der Haftungsquote bei einem Unfall zwischen zwei Radfahrern geklärt.
Im September 2010 fuhr die Klägerin auf einem Fahrradweg neben einer Straße entgegen der Fahrtrichtung. Der Beklagte kam mit seinem Fahrrad aus einem verkehrsberuhigten Bereich, um nach rechts auf den Radweg abzubiegen. Im Einmündungsbereich stießen die Fahrräder zusammen.
Die Klägerin stürzte und zog sich einen Bruch des Schienbein- und des Wadenbeinkopfes zu. Vom Beklagten hat sie 100%igen Schadensersatz verlangt und gemeint, er habe den Unfall allein verschuldet. Mit Radfahrern auf der bevorrechtigten Straße, die den Radweg in falscher Richtung befahren würden, habe er rechnen müssen.
Das OLG hat der Klägerin Schadensersatz mit einer Haftungsquote von 2/3 zu ihren Gunsten und 1/3 zu ihren Lasten zuerkannt. Ausgehend hiervon hat er ihr unter Berücksichtigung eines bereits von der Haftpflichtversicherung des Beklagten gezahlten Schmerzensgeldes von 4.500 Euro weitere 3.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.
Der Beklagte habe, so der Senat, den Unfall überwiegend verschuldet. Er habe gegen § 10 der Straßenverkehrsordnung verstoßen. Hiernach habe er vom verkehrsberuhigten Bereich der Straße nur so auf die Straße einbiegen dürfen, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Dem habe der Beklagte nicht genügt, weil er die Klägerin durch sein unachtsames Einbiegen auf den Radweg zu Fall gebracht habe.
Die Klägerin treffe allerdings ein Mitverschulden, weil sie den Radweg entgegen der Fahrtrichtung benutzt und so gegen § 2 Abs. 4 Straßenverkehrsordnung verstoßen habe.
Bei der Abwägung der beiderseitigen Verschuldens- bzw. Mitverschuldensbeiträge wiege der Verkehrsverstoß des Beklagten schwerer als der der Klägerin. Dem gem. § 10 der Straßenverkehrsordnung verpflichteten Beklagten gegenüber habe der gesamte fließende Verkehr Vorrang, auch ein den Radweg in verkehrter Richtung benutzender Radfahrer.
Das Mitverschulden der Klägerin trete allerdings nicht vollständig hinter das Verschulden des Beklagten zurück. Die Klägerin habe die Gefahrensituation voraussehen können, nachdem sie den Radweg vorsätzlich in der für sie nicht freigegebenen Fahrrichtung befahren habe. Ausgehend hiervon habe sie nicht darauf vertrauen dürfen, dass ihr grundsätzliches Vorfahrtsrecht beachtet werde.
Sie habe sich vielmehr auch auf dessen Missachtung einstellen müssen, zumal der Einmündungsbereich am Unfallort wegen Bewuchses nur schlecht einsehbar gewesen sei. Deswegen habe sie eine Fahrweise wählen müssen, bei der sie einem für sie von links kommenden Fahrzeug hätte ausweichen können. Es sei daher angemessen, ihr Mitver-schulden mit 1/3 zu berücksichtigen.
(Quelle: PM des OLG)