Verkehrsrecht Urteile 2016 |
08.09.2016
Ein Kfz-Fahrer verstößt gegen das Gebot, beim Wechsel einer Ampel von Grün auf Gelb anzuhalten, wenn er mit seinem Fahrzeug in den Kreuzungsbereich einfährt, obwohl er mit einer normalen Betriebsbremsung zwar jenseits der Haltelinie, aber noch vor der Ampelanlage hätte anhalten können.
Das hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG) am 30. Mai 2016 entschieden (Az.: 6 U 13/16). Der Kläger befuhr mit seinem Motorroller eine Straße und beabsichtigte eine Kreuzung geradeaus zu überqueren. In den Kreuzungsbereich fuhr er ein, als die für ihn geltende Ampel von Rot/Gelb auf Grün umsprang. Aus der Gegenrichtung näherte sich der Beklagte mit seinem Sattelzug auf der Linksabbiegespur.
Der Beklagte beabsichtigte, nach links einzubiegen und fuhr in den Kreuzungsbereich ein nachdem die für ihn geltende Ampel von Grün auf Gelb umgesprungen war. Der Kläger leitete eine Vollbremsung ein, geriet mit seinem Motorroller in eine Schräglage und kollidierte mit dem Unterfahrschutz des Sattelaufliegers. Er zog sich diverse, zum Teil schwere Verletzungen zu.
Die ihm entstandenen Schäden, materielle Schäden in Höhe von ca. 13.500 Euro sowie ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 40.000 Euro, hat der Kläger im Prozess vom Beklagten und der mitverklagten Haftpflichtversicherung ersetzt verlangt. Der Klage wurde dem Grunde nach mit einer Haftungsquote von 70% zu Gunsten des Klägers stattgegeben und es wurde ein mit 30% zu bewertendes klägerisches Mitverschulden angenommen.
Der Beklagte habe den Unfall überwiegend verschuldet. Ihm sei ein Gelblichtverstoß vorzuwerfen. Das Gelblicht einer Ampel ordne an, das nächste Farbsignal der Ampelanlage abzuwarten. Sei das nächste Farbsignal ''rot'', habe der Fahrer anzuhalten, soweit ihm dies mit normaler Betriebsbremsung vor der Ampelanlage möglich sei.
Andernfalls dürfe er weiterfahren, müsse aber den Kreuzungsbereich hinter der Lichtzeichenanlage möglichst zügig überqueren. Im vorliegenden Fall habe der Beklagte anhalten müssen und die für ihn geltende Ampelanlage nicht mehr passieren dürfen. Er habe den Sattelzug vor Beginn der Rotlichtphase mit einer normalen Betriebsbremsung vor der Ampelanlage anhalten können.
Ob der Beklagte noch vor der Haltelinie seiner Ampelanlage habe zum Stehen kommen können, sei nicht entscheidend. Wer die Haltelinie überquere, ohne einen Verkehrsverstoß zu begehen, dürfe dann nicht in jedem Fall an der Gelb- oder Rotlicht zeigenden Ampelanlage vorbeifahren. Er müsse vielmehr anhalten, wenn er mit normaler Betriebsbremsung noch vor der Ampelanlage zum Stehen kommen könne.
Andernfalls gefährde er den Querverkehr in einer nicht hinnehmbaren Weise. Dies gelte besonders, wenn er ein großes und schwerfälliges Fahrzeug lenke, mit dem er bei Gelblicht nur langsam in den Kreuzungsbereich einfahren könne. Abgesehen von dem Gelblichtverstoß sei dem Beklagten vorzuwerfen, dass er den Sattelzug nicht angehalten und seinen Abbiegevorgang abgebrochen habe, als der Kläger in den Kreuzungsbereich eingefahren sei.
Er habe sich nicht darauf verlassen dürfen, dass der Kläger ihm, dem Beklagten, als ''Kreuzungsräumer'' den Vorrang belasse. Im Verhältnis zum Beklagten stelle sich das unfallursächliche Verschulden des Klägers als weniger gewichtig dar. Ihm sei vorzuhalten, dass er in den Kreuzungsbereich eingefahren sei, ohne auf den sich im Kreuzungsbereich bewegenden Sattelzug des Beklagten zu achten.
Er habe sich nicht so verhalten, wie es von einem Verkehrsteilnehmer erwartet werden müsse, der eine Gefährdung anderer Personen möglichst auszuschließen habe.
(Quelle: PM des OLG)