Verkehrsrecht Urteile 2017 |
07.09.2017
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit zwei Urteilen vom 12. September 2017 entschieden, dass der Anspruch auf Ausgleichsleistung nach der Fluggastrechteverordnung nicht gegenüber dem Luftfahrtunternehmen, dessen Flugzeug und Besatzung aufgrund einer "Wet-Lease-Vereinbarung" eingesetzt wurden, geltend zu machen ist, sondern gegenüber dem Luftfahrtunternehmen, bei dem der Fluggast den Flug gebucht hat (Az.: X ZR 102/16, X ZR 106/16).
Die Kläger verlangen von dem beklagten Luftfahrtunternehmen wegen einer Flugverspätung Ausgleichsleistungen entsprechend der Fluggastrechteverordnung. Die Kläger buchten bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen jeweils einen Flug von Düsseldorf nach Nador (Marokko). Der Flug wurde unter dem IATA-Code der Beklagten, jedoch aufgrund einer sog. "Wet-Lease-Vereinbarung" mit einem Flugzeug und einer Besatzung eines spanischen Luftfahrtunternehmens durchgeführt.
Eine Wet-Lease-Vereinbarung ist eine Vereinbarung zwischen zwei Luftfahrtunternehmen über das Vermieten eines Flugzeugs, nach der der Vermieter auch die Flugzeugbesatzung stellt. Der Flug erreichte Nador mit einer Verspätung von mehr als sieben Stunden.
Der BGH hat den Klägern die begehrten Ausgleichsleistungen zugesprochen. Er hat nicht das Luftfahrtunternehmen, dessen Flugzeug und Besatzung aufgrund der "Wet-Lease-Vereinbarung" eingesetzt wurden, sondern das beklagte Luftfahrtunternehmen als ausführendes Luftfahrtunternehmen angesehen, gegenüber dem der Anspruch auf Ausgleichsleistung nach der Fluggastrechteverordnung geltend zu machen ist.
Er hat sich dabei insbesondere auf den Erwägungsgrund 7 der Fluggastrechteverordnung gestützt. Danach sollen die Verpflichtungen nach der Verordnung im Interesse einer wirksamen Anwendung dem ausführenden Luftfahrtunternehmen obliegen, das einen Flug durchführt, und zwar unabhängig davon, ob der Flug mit einem eigenen Luftfahrzeug oder mit einem (mit oder ohne Besatzung) gemieteten Luftfahrzeug oder in sonstiger Form durchgeführt wird.
Zudem ist das vermietende Luftfahrtunternehmen nicht besser und ggf. mangels Präsenz am Flughafen auch gar nicht in der Lage, die in der Verordnung vorgesehenen Unterstützungs- und Ausgleichsleistungen zu erbringen. Dem steht auch nicht entgegen, dass eine u. a. die Unterrichtung der Fluggäste über das ausführende Luftfahrtunternehmen andere EU-Verordnung ausweislich ihres Erwägungsgrundes 13 "Wet Lease" als einen Fall ansieht, in dem das anmietende Luftfahrtunternehmen den Flug nicht selbst durchführt. Die Unterrichtung dient vornehmlich der Information der Fluggäste über mögliche Sicherheitsrisiken und damit anderen Belangen als die Fluggastrechteverordnung.
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 12.09.2017)