Familienrecht Urteile 2016 |
25.02.2016
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 18. Februar 2016 über einen Rechtsstreit zwischen dem Vater eines Kleinkindes (Kläger) und der Betreiberin einer Kinderkrippe (Beklagte) entschieden (Az.: III ZR 126/15). Der seinerzeit 16 Monate alte Sohn des Klägers besuchte die Krippe in der Zeit vom 9. bis zum 19. September 2013.
An diesem Tag teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er die Betreuung in der Einrichtung der Beklagten nicht mehr in Anspruch nehmen wolle, und bat um Rückzahlung der Kaution in Höhe von 1.000 Euro, die er entsprechend den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten zuvor geleistet hatte. Sein Sohn habe sich in der Krippe nicht wohl gefühlt.
Die Beklagte hat der Kautionsrückzahlungsforderung des Klägers eigene Ansprüche auf Fortzahlung der Betreuungsvergütung zuzüglich Verpflegungs- und Pflegemittelpauschale für die Monate September bis November 2013 (insgesamt 1.590 Euro) entgegen gesetzt. Sie ist der Ansicht, die Kündigung sei erst zum 30. November 2013 wirksam geworden. Wegen der den Kautionsbetrag übersteigendem 590 Euro hat sie Widerklage erhoben, mit der sie überdies die Feststellung begehrt, dass der Kläger ihren Förderausfall für die Monate September bis November 2013 in Höhe von 2.495,07 Euro zu bezahlen habe.
Hierzu hat sie vorgetragen, dass ihr die Rückzahlung kindbezogener staatlicher und kommunaler Fördermittel drohe, weil diese zur Voraussetzung hätten, dass ein regelmäßiger Besuch der Krippe durch die von der Förderung erfassten Kinder erfolge. Trotz intensiver Bemühungen sei ihr, der Beklagten, eine Nachbesetzung des freigewordenen Platzes vor dem 1. Dezember 2013 nicht gelungen.
Nach dem Urteil des BGH konnte der Kläger das Vertragsverhältnis erst mit Wirkung zum 30. November 2013 kündigen. Ein jederzeitiges sofortiges Kündigungsrecht der Eltern (hier: des Klägers) hat der BGH verneint, weil es sich bei dem Betreuungsvertrag als um ein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen handelt. Sieht der (Formular-)Vertrag ein ordentliches Kündigungsrecht von zwei Monaten zum Monatsende vor, so ist dies unbedenklich. Es ist bei einer solchen, vergleichsweise kurzen Frist auch nicht geboten, dass den Eltern für die Dauer der anfänglichen Eingewöhnungsphase - im Sinne einer "Probezeit" - ein fristloses Lösungsrecht eingeräumt wird.
Der BGH hat jedoch andere AGB im Vertrag der beklagten Krippenbetreiberin wegen unangemessener Benachteiligung ihrer Vertragspartner als unwirksam angesehen. Dies gilt zum einen für die Verpflichtung der Eltern zur Leistung einer Kaution in erheblicher Höhe (hier: 1.000 Euro) in Form eines "Darlehens" an den Betreiber der Kinderkrippe.
Unwirksam ist ferner die vollständige Abbedingung der Möglichkeit der Eltern, von ihrer Vergütungspflicht im Fall des Annahmeverzugs einen Abzug wegen der vom Krippenbetreiber ersparten Aufwendungen vorzunehmen; allerdings ist es zulässig, wenn vereinbarte Fest- und Pauschalbeträge stets für volle Monate zu entrichten sind. Unwirksam ist schließlich auch eine - zumal: durch Schadensersatzansprüche der Kinderkrippe sanktionierte - Verpflichtung der Eltern, ihr Kind regelmäßig in die Kinderkrippe zu bringen und dort betreuen zu lassen, da eine solche Pflicht mit dem Pflege- und Erziehungsrecht der Eltern unvereinbar wäre.
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 18.02.2016)