Familienrecht Urteile 2017 |
02.11.2017
Bezieht der im Inland wohnende Elternteil nur Arbeitslosengeld II, nicht aber Arbeitslosengeld I, besteht im Inland kein Kindergeldanspruch, wenn der andere Elternteil im EU-Ausland erwerbstätig ist und dort Kindergeld erhält. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 26. Juli 2017 (Az.: III R 18/16) zudem entschieden hat, kommt bei der Prüfung, ob für das Kind eine dem Kindergeld vergleichbare ausländische Leistung gewährt wird, den Entscheidungen ausländischer Behörden Bindungswirkung für die Familienkassen und die Finanzgerichte zu.
Im Streitfall wohnte die Klägerin mit ihrer minderjährigen Tochter seit Juli 2013 in der Deutschland. Sie erhielt Arbeitslosengeld II, nicht aber Arbeitslosengeld I. Der Kindsvater wohnte in Frankreich und war dort erwerbstätig. Er erhielt eine dem Kindergeld vergleichbare höhere französische Familienleistung. Die Familienkasse hob daher die Festsetzung des Kindergeldes auf.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt, da zum einen der Kindsvater nach dem vom FG überprüfbaren französischen Recht keinen Anspruch auf Kindergeld gehabt habe. Zudem würde selbst ein Kindergeldanspruch des Vaters nach französischem Recht den Anspruch auf deutsches Kindergeld nicht ausschließen. Der BFH hob das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die positive Entscheidung, mit der die zuständige ausländische (hier: französische) Behörde einen Kindergeldanspruch nach ihrem Recht bejaht hat, ist für die Familienkasse bindend, soweit die Auslegung von Unionsrecht nicht betroffen ist. Die Familienkasse und das FG sind daher nicht befugt, die Richtigkeit dieser positiven ausländischen Entscheidung zu überprüfen und selbst das ausländische Recht festzustellen und anzuwenden.
Des Weiteren entschied der BFH, dass das Arbeitslosengeld II keine Leistung bei Arbeitslosigkeit im Sinne der europarechtlichen Bestimmung ist. Das Arbeitslosengeld II hat keine an einen bisherigen Verdienst anknüpfende Entgeltersatzfunktion. Der Empfänger von Arbeitslosengeld II erhält seine Leistung nicht aufgrund oder infolge seiner vorherigen Beschäftigung.
Anspruchsvoraussetzung sind nur Einhalten der Altersgrenze, Erwerbsfähigkeit, Hilfebedürftigkeit und gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland. Das Arbeitslosengeld II ist daher eine beitragsunabhängige Geldleistung. Dies hat für den Streitfall zur Folge, dass der Anspruch des erwerbstätigen Kindsvaters vorrangig war und Deutschland als nachrangiger Staat nicht verpflichtet war, Kindergeld zu zahlen.
(Quelle: PM des OLG)