Interview | Umsatzsteuer im OnlinehandelExperteninterview mit Roger Gothmann von Taxdoo |
| Das UnternehmenDie Taxdoo GmbH wurde Anfang 2016 aus der Universität Hamburg gegründet und entwickelt eine Software zur Automatisierung der gesamten Umsatzsteuer-Prozesse im Onlinehandel für Onlinehändler und Steuerberater. |
Warum gewinnt das Thema Umsatzsteuer im Onlinehandel zunehmend an Bedeutung?
Der internationale Verkauf von Waren wird besonders durch Marktplätze wie Amazon zunehmend erleichtert und bietet für viele Onlinehändler die Aussicht auf neue Absatzmärkte und damit steigende Umsätze. Dank Fulfillment-Angeboten, wie z. B. Fulfillment by Amazon (FBA), stellt die Logistik dabei mittlerweile keine großen Herausforderungen mehr dar. Die Steuerpflicht im Ausland tritt dadurch allerdings oft schneller ein als vielen bewusst ist. Die Umsatzsteuer-Compliance, also die Erfüllung aller umsatzsteuerlichen Pflichten, sowohl im Inland als auch im Ausland, stellt für viele Händler und deren Steuerberater eine komplexe und risikobehaftete Herausforderung dar. Das Nichtbeachten oder Aufschieben der steuerlichen Verantwortung ist in diesem Fall die teuerste Lösung, da auch die Finanzbehörden EU-weit ihre Aufmerksamkeit zunehmend auf den Onlinehandel richten.
Wann bin ich als Online-Händler im Ausland steuerpflichtig?
Es gibt mehrere Gründe für eine Umsatzsteuerpflicht im Ausland. Die beiden häufigsten im Onlinehandel sind die Nutzung ausländischer Warenlager und die Überschreitung von Lieferschwellen. Die Nutzung ausländischer Lager wird besonders durch die Fulfillment-Programme von Amazon, wie z. B. Central Eastern Europe oder PAN EU, vielen Händlern mit nur einem Klick im Amazon-Account ermöglicht. Jedoch sollte jedem Händler bewusst sein, dass mit der Lagerung seiner Produkte im EU-Ausland unmittelbar eine Steuerpflicht im jeweiligen Staat verbunden ist. Ob es sich um ein eigenes Lager, ein Amazon-Lager oder das eines anderen Fulfillment-Anbieter handelt, spielt dabei keine Rolle. Ein weiterer Grund ist die Überschreitung von Lieferschwellen. Bei Lieferschwellen handelt es sich um Grenzwerte bis zu deren Erreichen grenzüberschreitende Lieferungen in einen bestimmten EU-Staat im Ursprungsland versteuert werden dürfen. Überschreiten die Nettoumsätze innerhalb eines Kalenderjahres diesen Grenzwert (meistens 35.000 Euro, in wenigen Fällen 100.000 Euro), müssen ab diesem Zeitpunkt und im folgenden Kalenderjahr alle Umsätze im Bestimmungsland deklariert und versteuert werden.
Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Steuerpflicht im Ausland?
Mit Beginn der Steuerpflicht - im Idealfall hinreichend vorab - muss Kontakt mit dem jeweils zuständigen Finanzamt im Ausland aufgenommen werden. In den meisten Fällen haben die EU-Staaten dafür zentrale Stellen für Unternehmen aus dem Ausland eingerichtet. Dort muss dann die Steuerpflicht angezeigt werden - die so genannte umsatzsteuerliche Registrierung - und man erhält eine entsprechende Steuer- und UStID-Nummer. Anschließend müssen - ähnlich wie in Deutschland - laufend Umsatzsteuer-Erklärungen abgegeben werden. In zunehmend mehr EU-Staaten erfolgen dabei die Meldungen auf Basis einzelner Transaktionen.
Welche Herausforderungen bestehen zusätzlich?
Die erste Herausforderung besteht zunächst darin, alle relevanten Daten zu beziehen, da viele Händler mehrere Vertriebskanäle (z. B. Amazon, eBay, Shop) verwenden. Anschließend müssen diese Rohdaten in ein einheitliches Format überführt und umsatzsteuerlich strukturiert werden. Manuelle Prozesse bergen dabei ein erhebliches Fehlerpotential und kommen aufgrund der regelmäßig hohen Transaktionszahlen im Onlinehandel auch schnell an ihre Grenzen. Anschließend müssen die umsatzsteuerlich ausgewerteten Daten wiederum in Formate überführt werden, mit denen die jeweiligen Finanzbehörden im EU-Ausland arbeiten können. Bedauerlicherweise ist dieser Bereich in der EU nicht harmonisiert, so dass jeder Staat seine eigenen Vorgaben hat. Händler, die am Pan EU Programm von Amazon teilnehmen, stehen vor der großen Herausforderung, dass sie die permanenten Umlagerungen zwischen den jeweiligen ausländischen Warenlagern, welche Amazon vornimmt, als so genannte innergemeinschaftliche Verbringungen ebenfalls umsatzsteuerlich erfassen und melden müssen.
Wie lassen sich diese Herausforderungen bewältigen?
Der Steuerberater eines Onlinehändlers muss zunehmend zum Datenanalytiker werden. Ihm muss bewusst sein, dass systematische Fehler eine enorme Hebelwirkung entfalten und schnell zur Existenzbedrohung führen können. Anders als im Bereich der Ertragsteuern gibt es im Rahmen von Prüfungen der Finanzverwaltung im Bereich Umsatzsteuer kaum Verhandlungsspielraum. Um der Umsatzsteuer-Compliance hinreichend und dennoch wirtschaftlich nachzukommen, sollten Onlinehändler und Steuerberater mehr auf die Automatisierung von Prozessen setzen. Die manuelle Aggregation und Auswertung von Daten bietet nicht nur eine enorm hohe Anfälligkeit für Fehler, sondern nimmt auch unverhältnismäßig große Ressourcen in Unternehmen und bei deren Steuerberatern in Anspruch. Eine tagesaktuelle Auswertung aller Transaktionsdaten, inkl. Plausibilitätschecks, sollte Pflicht sein. Taxdoo bietet eine Software-Lösung für die internationale Umsatzsteuer, welche den gesamten Prozess von der Gewinnung, der Auswertung von Daten, bis hin zur Meldung im Ausland abbildet. Die Daten werden vollautomatisch direkt über Schnittstellen zu Marktplätzen, ERP-Systemen oder die Taxdoo-API bezogen, steuerlich bewertet und tagesaktuell übersichtlich aufbereitet. Durch zahlreiche zusätzliche Plausibilitätschecks werden die Risiken des grenzüberschreitenden Handels signifikant gesenkt. Mittels DATEV- bzw. CSV-Export lassen sich die Daten bequem in die Buchhaltung überführen. Der Umsatzsteuer-Prozess wird in der Gesamtheit nicht nur zuverlässiger, sondern auch sehr viel einfacher und damit effizienter.
Über den Experten
Roger Gothmann ist Mitgründer und Umsatzsteuerexperte bei Taxdoo. Vor der Gründung von Taxdoo war er u. a. für die Bundesfinanzverwaltung im Bereich internationale Umsatzsteuer und zuletzt als Leiter des Bereichs Steuern einer internationalen Forschungseinrichtung tätig.
Er ist zudem regelmäßig als Dozent und Autor im Bereich um Bereich Umsatzsteuer aktiv.
Kontakt
| Roger Gothmann Mitgründer und Umsatzsteuerexperte Taxdoo GmbH Lutterothstraße 9 D-20255 Hamburg Tel.: +49 (0)40 3688 145-0 E-Mail: info@taxdoo.com Web: www.taxdoo.com facebook: facebook.com/taxdoo twitter: twitter.com/taxdoo XING: xing.com/companies/taxdoo |
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