Internetrecht Urteile 2016 |
14.01.2016
Das Landgericht Köln (LG) hat die Axel Springer SE und die Bild GmbH & Co. KG mit Urteil vom 30. September 2015 zu Zahlungen von Geldentschädigung in Höhe von insgesamt 635.000 Euro an den Kläger Jörg Kachelmann verurteilt (Az.: 28 O 2/14 und 28 O 7/14).
Diese Ansprüche stünden dem Kläger als Ausgleich für insgesamt 38 Fälle schwerwiegender Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu, welche die Beklagten dem Kläger durch die Berichterstattung über sein damaliges Strafverfahren schuldhaft zugefügt hätten. So sei der Kläger u. a. durch die Preisgabe von Informationen über sein Sexualleben, durch die teilweise wörtliche Veröffentlichung seines sms- und E-Mail-Verkehrs und durch die Veröffentlichung von Fotos, die ihn z. B. beim Hofgang in der Justizvollzugsanstalt zeigten, in seiner Intimsphäre, seinem informationellen Selbstbestimmungsrecht und seinem Recht am eigenen Bild verletzt worden.
In diesem Zusammenhang hat das LG hervorgehoben, dass die angegriffenen Veröffentlichungen kein berechtigtes Informationsinteresse der Allgemeinheit bedient hätten, sondern allein zur Befriedigung der Neugier der Öffentlichkeit erfolgt seien. Zudem sei es durch die angegriffenen Print- und Online-Berichterstattungen der Beklagten zu unzulässigen Vorverurteilungen des Klägers gekommen, da sie dabei nicht die aufgrund der Unschuldsvermutung gebotene Zurückhaltung eingehalten hätten.
Auf dieser Grundlage hat das LG die ausgesprochene Geldentschädigung in Höhe von insgesamt 635.000 Euro für angemessen und erforderlich erachtet. Sie hat dazu ausgeführt, dabei sowohl den Präventionsgedanken als auch den Kompensationszweck maßgeblich in den Blick genommen zu haben: Zum einen habe den Beklagten durch die Höhe der Geldentschädigung verdeutlicht werden müssen, dass sie in Zukunft bei Berichterstattungen über vergleichbare Geschehnisse eine größere Sorgfalt und Zurückhaltung an den Tag zu legen hätten.
Zum anderen werde der Kläger durch die teilweise reißerische Berichterstattung auch in Zukunft als "frauenverachtender und gewaltbereiter" Mensch stigmatisiert und dadurch in seinem Berufs- und Privatleben massiv beeinträchtigt bleiben. In diesem Zusammenhang sei auch der enorme Verbreitungsgrad der Berichterstattung der Bild-Zeitung und der Internetseiten www.welt.de und www.abendblatt.de sowie www.bild.de zu berücksichtigen; ein größerer Umfang der Verbreitung der stigmatisierenden Artikel innerhalb Deutschlands sei kaum denkbar.
Gleichwohl ist das LG deutlich hinter den Anträgen des Klägers auf Geldentschädigung in Höhe von insgesamt 2,25 Mio. Euro zurückgeblieben. Dies beruht zum einen darauf, dass das LG bezüglich einiger angegriffener Artikel und Äußerungen kein unabwendbares Bedürfnis einer Geldentschädigung erkennen konnte, da der Kläger insoweit zuvor keine Unterlassungsansprüche geltend gemacht hatte. Zum anderen ist das LG der Argumentation des Klägers nicht gefolgt, gegen ihn sei von den Beklagten gemeinsam mit anderen Verlagen eine gezielte Kampagne geführt worden.
Greifbare Anhaltspunkte für ein derartiges kollusives Zusammenwirken seien nicht substantiiert vorgetragen worden; insbesondere stelle das wechselseitige Zitieren der Berichterstattung aufgrund der grundsätzlich bestehenden Konkurrenz der einzelnen Verlage insoweit kein ausreichendes Indiz dar.
(Quelle: PM des LG)