Internetrecht Urteile 2016 |
07.07.2016
Die Beteiligte ist Mieterin der Prager Markthallen. Sie hat die verschiedenen auf diesem Platz befindlichen Verkaufsflächen an Händler untervermietet. Mehrere Hersteller und Vertreiber von Markenerzeugnissen haben festgestellt, dass Fälschungen ihrer Erzeugnisse in den Prager Markthallen verkauft wurden.
Sie beantragten daher bei den tschechischen Gerichten, der Untervermieterin aufzugeben, die Vermietung der Verkaufsflächen in diesen Hallen an Personen, die solche Verstöße begangen haben, zu beenden. Die Richtlinie über geistiges Eigentum ermöglicht es Markeninhabern nämlich, gerichtlich gegen Mittelspersonen vorzugehen, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung ihrer Marken in Anspruch genommen werden.
Die Markeninhaber sind der Auffassung, dass der Betreiber eines physischen Marktplatzes ebenso wie Betreiber von Online-Marktplätzen gemäß der Richtlinie gerichtlich dazu gezwungen werden kann, die von den Händlern begangenen Markenrechtsverletzungen abzustellen und Maßnahmen zur Verhinderung erneuter Verstöße zu ergreifen.
Fraglich ist, ob es tatsächlich möglich ist, dem Betreiber eines physischen Marktplatzes aufzugeben, die von den Händlern begangenen Markenrechtsverletzungen abzustellen und Maßnahmen zur Verhinderung erneuter Verstöße zu ergreifen.
In seinem Urteil vom 7. Juli 2016 stellt der Europäische Gerichtshof (EuGH) fest, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der Dritten eine Vermietungs- oder Untervermietungsdienstleistung von Flächen auf einem Marktplatz anbietet und so diesen Dritten die Möglichkeit bietet, dort gefälschte Waren feilzubieten, als ''Mittelsperson'' im Sinne der Richtlinie qualifiziert werden muss (Az.: C-494/15).
Der EuGH hebt hervor, dass der Umstand, ob die Zurverfügungstellung von Verkaufsstellen einen Online-Marktplatz oder einen physischen Marktplatz betrifft, nicht von Bedeutung ist, weil der Anwendungsbereich der Richtlinie nicht auf den elektronischen Handel beschränkt ist.
Folglich kann auch der Betreiber eines physischen Marktplatzes dazu gezwungen werden, von Händlern begangene Markenrechtsverletzungen abzustellen sowie Maßnahmen zur Verhinderung erneuter Verstöße zu ergreifen.
Der EuGH weist auch darauf hin, dass die Voraussetzungen, denen eine Anordnung eines Gerichts an eine Mittelsperson, die eine Vermietungsdienstleistung von Verkaufsflächen in Markthallen anbietet, unterliegt, mit den Voraussetzungen identisch sind, die für Anordnungen an Mittelspersonen auf einem Online-Marktplatz gelten.
Daher müssen diese Anordnungen nicht nur wirksam und abschreckend, sondern auch gerecht und verhältnismäßig sein. Sie dürfen folglich nicht übermäßig kostspielig sein und auch keine Schranken für den rechtmäßigen Handel errichten. Auch kann von der Mittelsperson keine generelle und ständige Überwachung ihrer Kunden verlangt werden.
Hingegen kann die Mittelsperson gezwungen werden, Maßnahmen zu treffen, die dazu beitragen zu vermeiden, dass erneute derartige Verletzungen durch denselben Händler auftreten. Zudem müssen die Anordnungen ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Schutz des geistigen Eigentums und der Vermeidung von Schranken für den rechtmäßigen Handel sicherstellen.
(Quelle: PM des EuGH)