Musterbrief an den Betriebsrat über die beabsichtigte, außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers: Nach § 102 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist der Betriebsrat vor jeder Künd... Erläuterung einblenden
Musterbrief an den Betriebsrat über die beabsichtigte, außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers: Nach § 102 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Für den Fall, dass
- Mitglieder des Betriebsrats
- Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung
- Mitglieder der Bordvertretung
- Mitglieder des Seebetriebsrates
- Mitglieder des Wahlvorstands (vom Zeitpunkt seiner Bestellung an) oder
- Wahlbewerber (vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an)
außerordentlich gekündigt werden sollen - eine ordentliche Kündigung ist bei diesen Personengruppen nach § 15 Abs. 1 und 3 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) auch nicht möglich -, ist sogar die Zustimmung des Betriebsrates erforderlich (§ 103 Abs. 1 BetrVG).
In persönlicher Hinsicht sind gemäß § 5 Abs. 1 BetrVG grundsätzlich alle Arbeitnehmer (einschließlich Heimarbeiter) und Auszubildende erfasst, nicht dagegen Organe (z. B. GmbH-Geschäftsführer, AG-Vorstand) nach § 5 Abs. 2 BetrVG und leitende Angestellte gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG. Bei den leitenden Angestellten besteht für den Arbeitgeber lediglich eine Mitteilungspflicht (§ 105 BetrVG). Der notwendige Inhalt der Mitteilung bzw. der Anhörung ist folgender:
- genaue Bezeichnung der zu kündigenden Person,
- Information über die Kündigungsart und
- Mitteilung des Kündigungsgrundes.
Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Gründe mitteilen, die für seinen Kündigungsentschluss maßgebend sind. Er muss den Kündigungssachverhalt so genau umschreiben, dass der Betriebsrat ohne eigene Nachforschung in die Lage versetzt wird, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu überprüfen. Der Arbeitgeber ist in einem folgenden Kündigungsschutzprozess auf die mitgeteilten Gründe beschränkt. Ein Nachschieben von Kündigungsgründen, die bereits zum Zeitpunkt der Kündigung bekannt waren, aber zu denen der Betriebsrat nicht angehört wurde, scheitert an der unterbliebenen Anhörung.
Bei der außerordentlichen Kündigung heißt das, dass der Arbeitgeber sämtliche Umstände und Tatsachen anzugeben hat, die ihn nach seiner Auffassung zu einer außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) berechtigen. Es müssen also neben dem wichtigen Grund als solchem insbesondere die Tatsachen geschildert werden, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Bei einer explizit als solcher zu bezeichnenden Verdachtskündigung - die bei unklarem Sachverhalt vorsorglich hilfsweise zur Tatkündigung ausgesprochen werden sollte - ist dem Betriebsrat zudem die Stellungnahme des zu kündigenden Arbeitnehmers zuzuleiten.
Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen (§ 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Äußert er sich nicht innerhalb dieser Frist, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt (§ 102 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BetrVG).
Eine ohne Anhörung des Betriebsrates ausgesprochene Kündigung ist unwirksam (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Dasselbe gilt für eine fehlerhafte Anhörung. Der Widerspruch des Betriebsrates gegen die Kündigung führt nicht dazu, dass diese unwirksam ist. Nach Ausspruch einer Kündigung kann die Betriebsratsanhörung nicht mehr mit heilender Wirkung nachgeholt werden.
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