Grundsätzlich darf jeder Eigentümer eines Grundstücks mit der Aufforderung zur Unterlassung von Störungen nach seinem Belieben verfahren. Eine Einschränkung erfährt dieser Grundsatz jedoch immer dort,... Erläuterung einblenden
Grundsätzlich darf jeder Eigentümer eines Grundstücks mit der Aufforderung zur Unterlassung von Störungen nach seinem Belieben verfahren. Eine Einschränkung erfährt dieser Grundsatz jedoch immer dort, wo die Rechte anderer betroffen sind. Ganz besonders gilt das im Nachbarrecht. Nicht jede Beeinträchtigung durch den Nachbarn muss geduldet werden. Auf der anderen Seite löst aber auch nicht jede Störung sogleich Abwehransprüche aus.
Die zentrale Norm zur Abwehr von Störungen ist § 906 BGB. Von dieser Vorschrift sind alle Immissionen wie Gase, Dämpfe, Gerüche, Rauch, Wärme und andere Einwirkungen erfasst. Danach sind Störungen aber zu dulden, wenn eine nur unwesentliche Beeinträchtigung vorliegt. Eine Duldungspflicht besteht auch dann, wenn zwar eine wesentliche Beeinträchtigung gegeben ist, diese aber ortsüblich ist oder durch zumutbare Maßnahmen nicht beseitigt werden kann.
Die Wesentlichkeitsgrenze bestimmt sich nach dem Empfinden eines Durchschnittsmenschen unter Beachtung der Zweckbestimmung des Grundstücks im konkreten Einzelfall. Die persönliche Einschätzung des beeinträchtigten Grundstückseigentümers spielt hier keine Rolle. Das Gesetz selbst konkretisiert die Wesentlichkeitsgrenze und bestimmt, dass diese überschritten wird, wenn gesetzliche Grenzwerte, die meist in Verordnungen festgeschrieben sind, erreicht werden. Zu diesen Verordnungen gehören
- TA Lärm, zu finden unter www.bundesumweltamt.de in der Rubrik Lärm/Rechtliche Grundlagen
- TA Luft, zu finden unter www.bmu.de in der Rubrik Luft/Luftreinhaltung.
§ 906 BGB nachfolgend im Wortlaut:
"Zuführung unwägbarer Stoffe
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.
(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.
(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig."
Werden Grenzwerte überschritten, was zur Folge hat, dass damit die Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung gegeben ist, so kann es dennoch sein, dass eine Duldungspflicht besteht. Dies ist insbesondere immer dann der Fall, wenn eine erhöhte Toleranz im Rahmen des nachbarschaftlichen Zusammenlebens gefordert werden kann. So haben Gerichte in Fällen entschieden, in denen Kindergärten, Schulen oder Behindertenheime als Quelle der Beeinträchtigung vom Nachbarn angegriffen wurden.
Als wesentliche Beeinträchtigung wurden von Gerichten angesehen: Einwirkungen auf ein Grundstück durch Geruchsentwicklung ausgehend zum Beispiel von einem Komposthaufen, einem Müllbehälter, einer Ölheizung, einer Kläranlage in der Nachbarschaft oder einem landwirtschaftlichen Betrieb. Auch wurden wesentliche Beeinträchtigungen bejaht beim Straßen- oder Hausbau in der Nachbarschaft.
Verursachter Lärm, ausgehend von einem Volksfest, ebenso auch die Hausmusik, wurde von Gerichten als wesentliche Beeinträchtigung eingestuft. Die Gerichte haben bereits eine Vielzahl von Entscheidungen zu § 906 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) getroffen, die dabei helfen, den Einzelfall zu beurteilen.
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