Wachsen Zweige oder Wurzeln über die Grundstücksgrenze, so können diese im Einzelfall einen erheblichen Schaden am Grundstück des Nachbarn verursachen. In einem solchen Fall sind Streitigkeiten zwisch... Erläuterung einblenden
Wachsen Zweige oder Wurzeln über die Grundstücksgrenze, so können diese im Einzelfall einen erheblichen Schaden am Grundstück des Nachbarn verursachen. In einem solchen Fall sind Streitigkeiten zwischen den Nachbarn vorprogrammiert. Den Anspruch auf Rückschnitt des Überwuchses regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB).
In § 910 BGB finden sich die Voraussetzungen des Anspruchs:
"§ 910 Überhang
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.
(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen."
Grundsätzlich hat ein Grundstückseigentümer einen Anspruch darauf, dass über seine Grundstücksgrenze wachsende Zweige und Wurzeln vom Eigentümer der Pflanzen entfernt werden. Dieses Recht ist ausgeschlossen, falls der Eigentümer durch den Überwuchs in keiner Weise an der Nutzung des Grundstücks gehindert ist.
Nach Absatz 2 des § 910 BGB ist eine solche Beeinträchtigung der Nutzung des Grundstücks zu bejahen, wenn die wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks infolge der Zweige und Wurzeln nach irgendwelcher Richtung verhindert oder erschwert wird. Dabei ist zunächst auf die aktuellen Verhältnisse abzustellen.
Eine Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung durch herüberragende Zweige und über die Grundstücksgrenze wachsende Wurzeln ist z. B. anerkannt worden, wenn Zweige Laub und Blütenfall verursachen, der sich auf Dachrinnen und die Terrasse auswirkt oder wenn Zweige das Tropfen von klebrigen Baumsäften auf einer Garageneinfahrt verursachen, was zu häufigen Reinigungsarbeiten führt. Ein weiterer Ausschluss kann sich auch aus landesrechtlichen Vorschriften ergeben. Insbesondere können Baumschutzsatzungen einen Rückschnitt untersagen.
Mit der Aufforderung zum Rückschnitt sollte dem Nachbarn eine angemessene Frist zur Beseitigung der Zweige oder Wurzeln gesetzt werden. Die Frist ist angemessen, wenn sie zum einen der für diese Arbeit erforderlichen Dauer genügt und zum anderen auch Wachstums- und Erntezeiten berücksichtigt. Ist eine diesen Grundsätzen nicht entsprechende Frist bestimmt worden, so wird dadurch eine angemessene Frist in Lauf gesetzt.
Sollte der Eigentümer der Pflanzen der Aufforderung zum Rückschnitt nicht nachkommen, kann der beeinträchtigte Grundstückseigentümer im Rahmen des Selbsthilferechts einen Rückschnitt vornehmen. Zu beachten ist jedoch, dass die überragenden Pflanzen nur insoweit abgeschnitten werden dürfen, als sie über die Grenzlinie ragen. Ein darüber hinausgehendes Abtrennen von Zweigen am Stamm ist nicht gestattet. Es besteht insbesondere auch kein Recht, das Nachbargrundstück zum Zweck der Abtrennung zu betreten.
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