Alle sollen den Mindestlohn erhalten. Welche Ausnahmen gibt es?
Zunächst einmal gilt der Mindestlohn für alle Arbeitnehmer aller Branchen in Deutschland, also auch für die, die von ihrem ausländischen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt oder hier rekrutiert wurden. Nachfolgend haben wir einige Gruppen aufgeführt, für die es besondere Regelungen gibt, oder über die besonders diskutiert wurde und wird:
- Auszubildende: Auszubildende sind keine Arbeitnehmer. Für sie gilt der Mindestlohn daher nicht. Sie haben aber einen Anspruch auf eine Mindestvergütung nach § 17 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG).
- Ehrenamtlich Tätige: Auch ehrenamtlich Tätige (etwa in Sportvereinen) haben keinen Anspruch auf den Mindestlohn. ''Ehrenamtlich'' bedeutet nicht kostenlos. Ehrenamtlich bedeutet lediglich, dass keine adäquate finanzielle Gegenleistung erwartet wird und der Wille besteht, sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Aufwandsentschädigungen sind also möglich.
- Langzeitarbeitslose: Arbeitslose, die schon ein Jahr und länger arbeitslos sind, haben in den ersten sechs Monaten ihrer neuen Arbeit keinen Anspruch auf den Mindestlohn.
- Minderjährige: Für Minderjährige, die keine abgeschlossene Ausbildung haben, gilt der Mindestlohn ebenfalls nicht.
- Praktikanten: Die Ausnahmevorschriften für Praktikanten sind komplex. Verkürzt kann man sagen, dass Praktikanten umso eher einen Anspruch auf den Mindestlohn haben, umso näher Sie einem Arbeitsverhältnis stehen. Umso größer der Ausbildungszweck im Vordergrund steht, umso weniger besteht ein Anspruch auf den Mindestlohn.
- Rentner: Keine Besonderheiten, wenn sie Arbeitnehmer sind: Es gilt der Mindestlohn.
Können Ausschlussfristen eine Geltendmachung erschweren?Oft finden sich in Arbeitsverträgen Ausschlussfristen, die die Geltendmachung von Ansprüchen innerhalb von drei Monaten vorsehen. Wird die Frist nicht eingehalten, verfällt der Anspruch. Nun fällt es aber gerade für neu eingestellte Arbeitnehmer in der Probezeit regelmäßig schwer, gegen den neuen Arbeitgeber wegen Unterschreitung des Mindestlohns zu klagen.
Der Gesetzgeber hat diesen Konflikt gesehen: Privatvertragliche Vereinbarungen, also Regelungen in Arbeits- und Tarifverträgen - über Ausschlussfristen sind hiernach hinsichtlich des Mindestlohnes unzulässig. Für diesen Anspruch gilt die übliche gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren. Dies gilt auch für Arbeitnehmer, die mehr als den Mindestlohn verdienen. Ihr Anspruch ist zumindest in Höhe dieses Mindestlohns nicht von Ausschlussfristen erfasst, kann also auch noch nach drei Monaten gelten gemacht werden.
Wie wird der Mindestlohn berechnet?Entscheidend für die Berechnung, ob der gesetzliche Stundenlohn eingehalten wurde, dürfte der monatlich nachträglich berechnete Durchschnitt (und nicht die Bezahlung für jede einzelne Arbeitsstunde) sein.
Sonderzahlungen wie Wehnachts- oder Urlaubsgeld dürfen dagegen nicht anteilig berücksichtigt werden, könnten also ein Unterschreiten des Mindestlohnes nicht verhindern. Grund: Sie werden üblicherweise am Ende (bzw. in der Mitte) des Jahres gezahlt.
Welche Zahlungen des Arbeitgebers sind mindestlohnrelevant?Zahlungen, die der Arbeitgeber für die Normalleistung des Arbeitnehmers erbringt, werden berücksichtigt:
- Weihnachts- oder Urlaubsgeld, wenn der Arbeitnehmer den anteiligen Betrag regelmäßig zum Mindestlohn ausbezahlt bekommt.
-Zahlungen, die der Beschäftigte als Ausgleich für zusätzliche Leistungen erhält, werden nicht berücksichtigt
- Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit
- Nachtzuschläge
- Schichtzulagen
- Schmutzzulagen
- Gefahrenzulagen
- Akkord- und Qualitätsprämien
Welche Aufzeichnungspflichten bestehen?Um Missbrauch vorzubeugen, hat der Gesetzgeber bestimmt, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen. Dies gilt grundsätzlich für Minijobs (Ausnahme, d. h. keine Aufzeichnungspflichten für Minijobs in Privathaushalten) und die nachfolgend genannten Branchen
- im Baugewerbe,
- im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
- im Personenbeförderungsgewerbe,
- im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
- im Schaustellergewerbe,
- bei Unternehmen der Forstwirtschaft,
- im Gebäudereinigungsgewerbe,
- bei Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
- in der Fleischwirtschaft.
Schon bisher wurde in diesen Branchen - nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - die Arbeitszeit dokumentiert - aber nur für gewerbliche Mitarbeiter, nicht für Sekretärinnen, Vorarbeiter oder Buchführer.
Die ''
Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung'' regelt, dass diese Aufzeichnungspflichten nicht für Arbeitnehmer gelten, deren regemäßiges Bruttomonatsentgelt einen bestimmten Betrag übersteigt. Ausdrücklich wird in der Verordnung aber erwähnt, dass die Pflicht zur Aufzeichnung von Überstunden nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) auch für diese Arbeitnehmer bestehen bleibt.
Was passiert, wenn ein Arbeitgeber den Mindestlohn nicht zahlt?Bisher bestand für einen Arbeitgeber, der einen vereinbarten Lohn nicht (vollständig) zahlte, im Normalfall allein die Gefahr, von seinem Arbeitnehmer verklagt zu werden. Da die Anwaltskosten in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht von jeder Partei selbst, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens gezahlt werden müssen, war das Risiko für den Arbeitgeber kalkulierbar.
Das Mindestlohngesetz erhöht das Risiko für den Arbeitgeber: Zahlt er den Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig, kann ein Bußgeld in Höhe von bis zu 500.000 Euro verhängt werden. Das gilt auch für den Fall, dass er nicht selbst Arbeitgeber ist, sondern nur einen Dritten beauftragt, der wiederum den Mindestlohn an seine Arbeitnehmer nicht oder nicht rechtzeitig zahlt. Überwacht wird das vom Zoll, der ja auch schon für die Bekämpfung der Schwarzarbeit zuständig ist.
Wird ein Bußgeld verhängt, kann dies als weitere Folge haben, dass der Arbeitgeber keine öffentlichen Aufträge mehr erhält.
Rechtsgrundlagen: §§ 17, 19, 22, 24 Mindestlohngesetz (MiLoG)
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