Ein Pflichtteilsanspruch steht den Abkömmlingen, den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie nach gesetzlicher Erbfolge als Erben berufen wären und durch letztwillige Verfügung von... Erläuterung einblenden
Ein Pflichtteilsanspruch steht den Abkömmlingen, den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie nach gesetzlicher Erbfolge als Erben berufen wären und durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen wurden. Keinen Pflichtteilsanspruch haben dagegen Geschwister oder andere Verwandte der Seitenlinie des Erblassers wie Tanten oder Onkel, Kusinen etc. Der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Geldanspruch in Höher der Hälfte des Nachlasswertes, der dem Berechtigten bei gesetzlicher Erbfolge zugestanden hätte.
Hat der Erblasser z. B. mit seiner Ehefrau im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, so steht seinen zwei Kindern nach gesetzlicher Erbfolge ein Anteil von je einem Viertel des Nachlasses zu. Setzt der Erblasser nun seine Ehefrau als Alleinerbin ein, haben die beiden Kinder einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von je einem Achtel des Nachlasses. Die Pflichtteilsberechtigten bekommen aber keine Erbenstellung, haben also grundsätzlich keinen Anspruch auf Herausgabe von Nachlassgegenständen, sondern erhalten lediglich einen reinen Geldanspruch, den sie gegen den oder die eingesetzten Erben geltend machen müssen. Der Pflichtteilsanspruch entsteht erst mit Eintritt des Erbfalls, also dem Tod des Erblassers. Vorher bestehen keinerlei Ansprüche auf Auszahlung des Pflichtteils. Nur im Einvernehmen mit dem Erblasser kann z. B. ein vorzeitiger Erbausgleich zu Lebzeiten vereinbart werden.
Hat der Erblasser innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall Gegenstände aus seinem Vermögen an einen Dritten verschenkt, kann der Pflichtteilsberechtigte nach Eintritt des Erbfalls einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen (§ 2335 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB). Damit soll verhindert werden, dass der Erblasser durch unentgeltliche Zuwendungen vor seinem Tode den Pflichtteilsanspruch aushöhlen kann. Ein solcher Anspruch besteht nicht, wenn die Schenkung des Erblassers einer sittlichen Pflicht oder der Rücksichtnahme auf den Anstand entsprach, also z. B. bei einer Schenkung zur Hochzeit oder zum Geburtstag in angemessenem Rahmen.
Dieser Anspruch ist ebenfalls ein reiner Geldanspruch und richtet sich zunächst gegen den oder die Erben. Er besteht in Höhe des Betrages, um den sich sein Pflichtteil durch Hinzurechnung der Schenkung zum Nachlass erhöht. Zu beachten ist aber, dass die Schenkung nur noch, wenn sie im ersten Jahr vor dem Erbfall erfolgt ist, in voller Höhe hinzugerechnet wird, im zweiten Jahr nur noch zu 9/10, im dritten Jahr zu 8/10 usw..
Ist der Erbe selbst pflichtteilsberechtigt, kann er die Ergänzung des Pflichtteils insoweit verweigern, als sein eigener Pflichtteil ansonsten beschränkt würde. Der Anspruch entfällt ebenfalls, wenn auch nach Hinzurechnung des Geschenkes kein positiver Nachlass zu verzeichnen ist. Denn in diesem Fall wäre auch der reguläre Pflichtteilsanspruch des Berechtigten ins Leere gegangen.
Soweit der Erbe zur Pflichtteilsergänzung nicht verpflichtet ist, z. B. weil der Nachlass zur Befriedigung nicht ausreicht, hat der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch gegen den Beschenkten selbst (§ 2329 BGB). Dieser Anspruch beinhaltet aber grundsätzlich nur die Herausgabe des Schenkungsgegenstandes. Sind verbrauchbare Sachen verschenkt, so ist die Zuwendung mit dem Wert im Zeitpunkt der Schenkung anzusetzen.
Der Pflichtteilsberechtigte hat einen Anspruch auf Auskunftserteilung über den Nachlassbestand sowie einen Wertermittlungsanspruch bezüglich bestimmter Nachlassgegenstände (§ 2314 BGB). Die Wertermittlung erfolgt dabei durch Gutachten eines Sachverständigen. Die Kosten gehen zu Lasten des Nachlasses. Besteht ein Ergänzungsanspruch gegen den Beschenkten, stehen dem Pflichtteilsberechtigten diese Ansprüche auch gegen den Beschenkten selbst zu. Die Kosten der Wertermittlung müssen in diesem Fall allerdings nicht der Beschenkte, sondern der Anspruchsteller selbst tragen.
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