Ein Testament kann bei Vorliegen eines Anfechtungsgrundes von jedem, dem die Aufhebung der Verfügung unmittelbar zugute kommen würde, angefochten werden. Das ist jeder, der durch den Wegfall der Verfü... Erläuterung einblenden
Ein Testament kann bei Vorliegen eines Anfechtungsgrundes von jedem, dem die Aufhebung der Verfügung unmittelbar zugute kommen würde, angefochten werden. Das ist jeder, der durch den Wegfall der Verfügung einen erbrechtlichen Vorteil hat, z. B. der gesetzliche Erbe, der durch das Testament enterbt wurde oder der mit einem Vermächtnis belastete Erbe, der durch den Wegfall von der Verpflichtung befreit wird. Bei einem gemeinschaftlichen Testament, auch Berliner- oder Ehegattentestament genannt, besteht das Anfechtungsrecht des Dritten bei bestimmten Verfügungen erst nach dem Tod des Erblassers und nur sofern dieser sein Anfechtungsrecht noch nicht verloren hatte.
Für einseitige Verfügungen steht einem Erblasser grundsätzlich keinerlei Anfechtungsmöglichkeit zu, weil er diese jederzeit frei widerrufen kann. Auch beim Ehegattentestament kann der Erblasser zu Lebzeiten des anderen Ehegatten unter Einhaltung bestimmter formeller Voraussetzungen die Verfügungen widerrufen. Etwas anderes gilt nach dem Tod des anderen Ehegatten.
Ein Widerruf ist dann nicht mehr möglich. In diesem Fall steht dem Erblasser ein Anfechtungsrecht von wechselbezüglichen Verfügungen zu. Wechselbezüglichkeit wird in gemeinschaftlichen Testamenten angenommen, wenn die Verfügungen eines Ehegatten nicht ohne die des anderen getroffen worden wären, sie also miteinander "stehen und fallen sollen" (z. B. der Ehemann hat die Ehefrau eingesetzt, aus diesem Grund hat sie für den Fall seines Vorversterbens die gemeinsamen Kinder als ihre Erben eingesetzt).
Erst mit dem Tod des Erblassers, wenn dieser also keine Möglichkeit mehr hat, die Verfügung selbst anzufechten, kann ein Dritter die Anfechtung der wechselbezüglichen Verfügung erklären. Das Anfechtungsrecht des Dritten entfällt, wenn der Erblasser zu Lebzeiten sein Selbstanfechtungsrecht bereits verloren hat. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Anfechtungsfrist von einem Jahr ab Kenntnis vom Anfechtungsgrund abgelaufen ist (§ 2283 Abs. 1 BGB), bei Bestätigung des Erbvertrags durch den Erblasser (§ 2284 BGB) oder bei einem Anfechtungsverzicht.
Eine Anfechtung ist möglich, wenn ein Anfechtungsgrund gegeben ist (§§ 2078 ff. BGB). Ein solcher liegt u. a. vor bei einem Irrtum des Erblassers, also einem unbewussten Abweichen des tatsächlichen vom erklärten Willen. Bei einem gemeinschaftlichen Testament kann ein solcher Irrtum z. B. auftreten, wenn der Erblasser sich der Wechselbezüglichkeit und der daraus resultierenden Verbindlichkeit seiner Verfügung nicht bewusst war. Darüber hinaus berechtigt im Gegensatz zu anderen Willenserklärungen auch ein Motivirrtum uneingeschränkt zur Anfechtung. Ein solcher ist gegeben, wenn der Erblasser die Verfügung in der irrigen Annahme oder Erwartung eines Umstandes abgegeben hat.
Darunter fällt auch eine Täuschung oder Drohung durch Dritte. Ein weiterer Anfechtungsgrund ist gegeben, wenn der Erblasser einen Pflichtteilsberechtigen mit der Verfügung übergangen hat, von dessen Existenz er nichts wusste, z. B. bei einem dem Erblasser nicht bekannten, nichtehelichen Kind. Der Anfechtungsgrund muss ursächlich für die erstellte Verfügung sein. Hätte der Erblasser auch ohne den Anfechtungsgrund mit demselben Inhalt verfügt, kann diese nicht angefochten werden. Der Sachverhalt, der zum Anfechtungsgrund führt, sollte im Anfechtungsschreiben möglichst vollständig ausgeführt werden.
Die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, in der ein Erbe eingesetzt, ein gesetzlicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen oder ein Testamentsvollstrecker ernannt wird oder welche die Aufhebung solcher Verfügungen zum Inhalt hat, muss gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden (§ 2081 BGB). In allen anderen Fällen muss die Anfechtung gegenüber demjenigen erfolgen, der durch das Testament einen unmittelbaren Vorteil erlangt.
Rechtsfolge der Anfechtung ist die Unwirksamkeit der Verfügung von Anfang an. Bei erfolgreicher Anfechtung einer wechselbezüglichen Verfügung werden alle im Abhängigkeitsverhältnis damit stehenden Verfügungen des anderen Ehegatten gleichfalls unwirksam.
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