Das Testament ist eine letztwillige Verfügung und besteht aus einer oder mehreren Willenserklärungen. Diese können gemäß §§ 2078 ff. BGB angefochten werden, sofern ein Anfechtungsgrund vorliegt. ... Erläuterung einblenden
Das Testament ist eine letztwillige Verfügung und besteht aus einer oder mehreren Willenserklärungen. Diese können gemäß §§ 2078 ff. BGB angefochten werden, sofern ein Anfechtungsgrund vorliegt. Das Gesetz sieht vier Anfechtungsgründe neben der Anfechtung wegen Übergehen eines Pflichtteilsberechtigten vor. Diese sind:
- Inhaltsirrtum
- Erklärungsirrtum
- Motivirrtum
- Widerrechtliche Drohung
Ein Inhaltsirrtum liegt vor, wenn sich der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung geirrt hat, er also eine solche Erklärung nicht abgegeben hätte, sofern er die Sachlage gekannt hätte. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Erblasser in seinem Testament einen Begriff verwendet und diesem eine andere Bedeutung als die tatsächliche beimisst. Beispiel: Der Erblasser verwendet den Begriff Vor- und Nacherbschaft und weiß nicht um dessen rechtliche Bedeutung.
Bei einem Erklärungsirrtum verschreibt oder verspricht (z. B. vor dem Notar) sich der Erblasser oder übergibt eine andere als die gewollte Testamentsurkunde in die amtliche Verwahrung. Beispiel: Der Erblasser verschreibt sich bei der Höhe eines Vermächtnisses: "
10.000 Euro" statt "
1.000 Euro".
Anders als bei anderen Willenserklärungen berechtigt ein Motivirrtum bei einem Testament zur Anfechtung. Dabei liegt ein Irrtum bereits bei der Willensbildung vor, dieser kann auch durch eine arglistige Täuschung erfolgt sein. Ein Motivirrtum ist gegeben, soweit der Erblasser in der irrigen Annahme oder Erwartung eines Umstandes die Verfügung vorgenommen hat. Ein solcher Fall liegt z. B. vor, wenn der Erblasser sich über das Verhalten des Erben ihm oder einem Dritten gegenüber irrt oder wenn er sich über die Währungsentwicklung irrt.
Beispiel: Der Erblasser vermacht etwas der Schwiegertochter in der Annahme, dass diese den Sohn in der Ehe liebevoll behandelt. Später stellt sich jedoch heraus, dass die Schwiegertochter bösartig ist und dem Ehemann das Leben schwer macht.
Ein Anfechtungsgrund liegt gemäß § 2078 Abs. 2 BGB vor, wenn der Erblasser zu der Verfügung widerrechtlich durch Drohung bestimmt wurde. Eine Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels durch einen Dritten, das den Verfügenden in eine Zwangslage versetzt. Als Übel genügt dabei jeder Nachteil für den Bedrohten oder eine dritte Person. Dabei spielt keine Rolle, wer den Erblasser bedroht, entscheidend ist das in Aussicht gestellte Übel.
Widerrechtlich ist eine Drohung, wenn das Mittel, der Zweck und/oder das Zweck-Mittel-Verhältnis der Drohung nicht rechtmäßig sind. Die Anfechtung ist nur dann berechtigt, wenn die Drohung tatsächlich zu einer Beeinflussung des Erblassers bei der Errichtung der letztwilligen Verfügung geführt hat. Beispiel: Anzeige bei der Finanzbehörde wegen Steuerunregelmäßigkeiten, wenn keine Einsetzung als Alleinerbe erfolgt.
Ein weiterer Anfechtungsgrund ist in § 2079 BGB geregelt. Danach kann ein Pflichtteilsberechtiger das Testament anfechten, wenn er hiervon übergangen wurde. Dies ist der Fall, wenn er weder enterbt noch als Erbe eingesetzt und auch nicht mit einem Vermächtnis bedacht wurde. Eine häufige Fallkonstellation ist, dass der Pflichtteilsberechtigte bei der Errichtung des Testaments noch gar nicht geboren war oder ein dem Erblasser nicht bekanntes, uneheliches Kind. Wurde der Pflichtteilsberechtigte jedoch bewusst von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er nicht anfechten.
Zu beachten ist, dass eine Anfechtung trotz Vorliegen eines der oben genannten Gründe grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn eine Auslegung des Testaments zu seiner Wirksamkeit führt.
Zur Anfechtung berechtigt ist gemäß § 2080 Abs. 1 BGB derjenige, dem die Aufhebung der letztwilligen Verfügung unmittelbar zugute kommen würde, der also durch den Wegfall des Testaments einen erbrechtlichen Vorteil erlangt. Beispiele sind der gesetzliche Erbe, der durch das Testament enterbt wurde oder der mit einem Vermächtnis belastete Erbe, der durch den Wegfall von der Verpflichtung befreit wird.
Bei einer Irrtumsanfechtung ist Anfechtungsberechtigter nur die Person, auf die sich der Irrtum bezogen hat. Im Fall der Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten darf nur der Übergangene anfechten. Der Erblasser ist generell nicht zur Anfechtung berechtigt, da er seine eigene Verfügung grundsätzlich jederzeit widerrufen kann.
Die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung und ist formlos möglich. Betrifft das Testament eine Erbeinsetzung, eine Enterbung oder wird ein Testamentsvollstrecker ernannt oder erfolgt eine Aufhebung der vorgenannten Verfügungen, muss die Anfechtung gegenüber dem Nachlassgericht (in Baden-Württemberg gegenüber dem Notariat) erklärt werden (§ 2081 BGB).
In allen anderen Fällen muss die Anfechtung gegenüber demjenigen erfolgen, der durch das Testament einen unmittelbaren Vorteil erlangt. Bei Anfechtung mehrerer Willenserklärungen innerhalb eines Testaments kann es notwendig sein, die Anfechtung gegenüber mehreren Anfechtungsgegnern zu erklären.
Die Anfechtungsfrist beträgt gemäß § 2082 BGB ein Jahr ab Kenntnis vom Anfechtungsgrund. Rechtsfolge der Anfechtung ist die Unwirksamkeit des Testaments und zwar von Anfang an.
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