Wirtschaftsrecht Urteile 2018 |
25.01.2018
Das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) hat klargestellt, dass für die Annahme eines stillschweigenden Haftungsausschlusses hohe Anforderungen gelten, insbesondere sei ein solcher nicht anzunehmen, wenn der Schädiger eine Haftpflichtversicherung habe. Derjenige, der sich bewusst oder fahrlässig Gefahren aussetze, willige zwar nicht in die Schädigung ein, könne aber wegen Mitverschuldens verpflichtet sein, seinen Schaden ganz oder zum Teil selbst zu tragen.
Die Klägerin ist die Krankenkasse des Geschädigten und verlangt von dem Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz. Hintergrund ist ein tragischer Vorfall: Der Beklagte und der Geschädigte wollten gemeinsam das Benzin aus dem Tank eines stillgelegten Pkw ablassen. Beide lagen unter dem aufgebockten Fahrzeug. Zunächst bohrte der Geschädigte mit einem Akku-Schrauber ein kleines Loch in den Plastiktank, aus welchem sodann Benzin tropfte.
Nach einiger Zeit übernahm der Beklagte den Akku-Schrauber, da er aus seiner Position besser an den Tank heran kam. Der Geschädigte hielt ein Auffangbehältnis unter das Loch; es lief dabei Benzin auf seine Hand und seine Kleidung. Bei den Bohrarbeiten durch den Beklagten bildeten sich Funken, wodurch es zu einer Verpuffung und zu einer Entzündung des Benzins kam. Der Geschädigte fing dadurch Feuer und erlitt erhebliche Verletzungen, u. a. eine Verbrennung dritten Grades des Handgelenks.
Die Klägerin hat Klage zum Landgericht Nürnberg-Fürth (LG) erhoben und von dem Beklagten die Zahlung von 9.984,72 Euro verlangt. Dabei handelt es sich um Behandlungskosten, welche die Klägerin als Krankenkasse des Geschädigten aufwenden musste. Bereits in der Klage geht die Klägerin davon aus, dass der Geschädigte ein Mitverschulden von 50% trage.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Der Beklagte habe durch sein Verhalten, nämlich das Bohren, die Verletzungen des Geschädigten verursacht. Er habe auch fahrlässig gehandelt, da ihm die Gefährlichkeit seines Handelns bewusst hätte sein müssen. Der Haftung stehe weder der Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr noch ein stillschweigender Haftungsausschluss entgegen.
Das OLG hat dieses Urteil mit Beschluss vom 4. September 2017 bestätigt (Az.: 4 U 1178/17) und teilt die Auffassung des LG, wonach kein stillschweigender Haftungsausschluss gegeben ist. Ein solcher sei nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände vorlägen. Regelmäßig sei dann nicht von einem Haftungsverzicht auszugehen, wenn der Schädiger über eine Haftpflichtversicherung verfüge. Es entspreche nicht dem Willen der Beteiligten, nicht den Schädiger, sondern die Haftpflichtversicherung zu entlasten.
Auch unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr kommt ein Haftungsausschluss nicht in Betracht. Die Tatsache, dass der Geschädigte möglicherweise die später verwirklichten Risiken bewusst oder leichtfertig eingegangen sei, stelle keine stillschweigende Einwilligung in die erlittenen Verletzungen dar.
Der Geschädigte könne jedoch wegen Mitverschuldens verpflichtet sein, einen Teil des Schadens selbst zu tragen. Die vom LG angenommene Haftungsquote von 50% hält das OLG für zutreffend, da die Verursachungsbeiträge des Beklagten und des Geschädigten als gleichwertig anzusehen seien.
(Quelle: PM des OLG)