Eine Kündigung ist nach § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Eine personenbedingte Künd... Erläuterung einblenden
Eine Kündigung ist nach § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Eine personenbedingte Kündigung kommt insbesondere bei Krankheit des Arbeitnehmers in Betracht. Weitere Kündigungsgründe sind z. B. die fehlende Eignung bzw. Befähigung des Arbeitnehmers, ausländischer Wehrdienst von mehr als zwei Monaten, die fehlende Arbeitserlaubnis, die Verbüßung einer Freiheitsstrafe.
Die Arbeitsgerichte überprüfen eine krankheitsbedingte Kündigung in drei Stufen:
- Stufe: Es muss eine negative Prognose hinsichtlich der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorliegen,
- Stufe: Die betrieblichen Interessen müssen hierdurch erheblich beeinträchtigt sein (Störungen im Betriebsablauf oder wirtschaftliche Belastungen).
- Stufe: Interessenabwägung: Die erheblichen Beeinträchtigungen müssen zu einer nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen.
Dabei unterscheidet man zwischen langanhaltender Krankheit, häufigen Kurzerkrankungen, dauernder Arbeitsunfähigkeit und Leistungsminderung. Ist der Arbeitnehmer bereits
längere Zeit krank und ist im Zeitpunkt der Kündigung die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit noch völlig ungewiss, kann diese Ungewissheit zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen.
Nach der Rechtsprechung kann eine lang anhaltende Krankheit die personenbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ohne Rücksicht auf darüber hinausgehende wirtschaftliche Belastungen bereits dann sozial rechtfertigen, wenn bei der Kündigung die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ungewiss ist und die Krankheit bereits über einen längeren Zeitraum (etwa 1,5 Jahre) angedauert hat. Eine solche Ungewissheit soll dann einer feststehenden dauernden Arbeitsunfähigkeit gleichstehen.
Die oben genannte negative Gesundheitsprognose ist bei
häufigen Kurzerkrankungen besonders problematisch, da sich häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit nicht unbedingt in der Zukunft wiederholen müssen. Bei häufigen Kurzerkrankungen rechtfertigen Fehlzeiten bis zu sechs Wochen pro Jahr in der Regel noch nicht eine Kündigung. Fehlzeiten in der Vergangenheit lassen nur dann eine negative Prognose zu, wenn der Beobachtungszeitraum sich auf ca. drei Jahre erstreckt.
Ist der Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung
auf Dauer nicht mehr in der Lage, seine Arbeitsleistung zu erbringen, braucht der Arbeitgeber eine darüber hinausgehende erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen nicht mehr darzulegen. Ein Arbeitsverhältnis, bei dem feststeht, dass der Arbeitnehmer in Zukunft die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht mehr erbringen kann, ist schon aus diesem Grunde erheblich gestört. Die unzumutbare betriebliche Beeinträchtigung besteht in diesem Fall darin, dass der Arbeitgeber mit einem dauernden Ausfall des Arbeitnehmers rechnen muss.
Auch die
krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers kann eine Kündigung rechtfertigen, wenn sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führt. Bei der Interessenabwägung ist genau zu prüfen, ob die erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden muss. Gerade bei älteren Mitarbeitern muss der Arbeitgeber prüfen, ob er nicht Alternativen zur Kündigung hat (z. B. durch Änderung des Arbeitsablaufs, Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder Umverteilung der Arbeit).
Die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz - ggf. auch zu geänderten Bedingungen - schließt eine krankheitsbedingte Kündigung aus. Wenn eine Umsetzungsmöglichkeit besteht, führt die Krankheit nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen.
Eine immer wichtigere Rolle bei der krankheitsbedingten Kündigung spielt das
betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 167 Abs. 2 Neuntes Sozialgesetzbuch (SGB IX). Mit diesem Verfahren sollen - zusammen mit dem Arbeitnehmer - Wege gefunden werden, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden und mit welchen Vorkehrungen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann.
Seine Durchführung ist keine echte Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Kündigung, verhindert aber Nachteile auf Seiten des Arbeitgebers in einem späteren Kündigungsschutzprozess. Eine Pflicht zur Durchführung des BEM besteht schon dann, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist. Die Pflicht gilt auch für Betriebe ohne Arbeitnehmervertretung.
Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass eine bestehende Erkrankung den Arbeitnehmer nicht vor dem Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber schützt.
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